Dienstag, 9. November 2010

Kaum Netzausbau nötig

Die steigende Anbindung von Photovoltaik-Anlagen stellt die Verteilnetze vor große, aber lösbare Herausforderungen. Die Photovoltaik-Industrie leistet ihren Beitrag dazu, Photovoltaik kostengünstig in die Verteilnetze zu integrieren (siehe auch Solarmedia vom 2. November 2010).

"Durch den von der Photovoltaik-Industrie entwickelten blindleistungsregelungsfähigen Wechselrichter kann die Aufnahmefähigkeit der Verteilnetze für Photovoltaik deutlich gesteigert werden. Eine Erhöhung der Einspeisung um 200 Prozent durch innovative Wechselrichtertechnologie ist möglich", sagte Günther Cramer, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft. Solarstrom wird dezentral und fast ausschließlich auf der Verteilnetzebene, also den Mittel- und Niederspannungsnetzen, eingespeist. Über 98 Prozent aller Photovoltaik-Anlagen sind an die Niederspannungsebene angeschlossen. 1,4 Prozent der Photovoltaik-Anlagen hängen an der Mittelspannungsebene. Weniger als 0,03 Prozent aller Anlagen haben ihren Netzverknüpfungspunkt mit der Hochspannungsebene - hierbei handelt es sich ausschließlich um Großanlagen, d.h. Photovoltaik-Anlagen mit einer Nennleistung im Multi-Megawatt-Bereich. (Das Bild zeigt einen archetypischen Wechselrichter einer grossen Solaranlage - die neuen Wechselrichter werden erst ab 2011 zur Verfügung stehen - siehe unten. Foto: Guntram Rehsche)

Ein Ausbau der Photovoltaik in Deutschland auf eine installierte Leistung von 52 GW im Jahr 2020, wie von der Bundesregierung im Nationalen Aktionsplan für Erneuerbare Energien vorgesehen, ist möglich. Allerdings wird der Ausbau von Netzoptimierungen, beziehungsweise Netzausbaumaßnahmen begleitet werden. "Die Optimierung und der Ausbau der Netze ist eine anspruchsvolle, aber lösbare Aufgabe", sagt Prof. Dr. Torsten Henzelmann, Partner der Unternehmensberatung Roland Berger und Autor einer Studie zu dem Thema, die der Bundesverband Solarwirtschaft in Auftrag gegeben hat.

Im Rahmen einer Umfrage gaben Netzexperten von Verteilnetzbetreibern mit einer im Verhältnis zum Durchschnitt sehr hohen Photovoltaik-Einspeisung die Nichteinhaltung des Spannungsbandes als hauptsächliches Problem bei einer sehr hohen Photovoltaik-Einspeisung an. 77 Prozent der befragten Verteilnetzbetreiber mit sogenannten PV-Ballungszentren in ihrem Netzgebiet haben von Problemen mit der Nichteinhaltung des Spannungsbandes berichtet - diese Herausforderung ist bisher bis auf sehr wenige Ausnahmefällen in ländlichen Gebieten aufgetreten. Die Netzstruktur in ländlichen Gebieten ist deutlich weniger engmaschig als in Städten und daher auch weniger aufnahmefähig für Photovoltaik.

Der von der Photovoltaik-Industrie entwickelte blindleistungsregelungsfähige Wechselrichter setzt an dieser Stelle an und verbessert die Einhaltung des Spannungsbandes erheblich. Dadurch wird ein Großteil der klassischen Netzausbaumaßnahmen (Leiterverstärkung und -ausbau, leistungsstärkere und weitere Transformatoren) zur Gewährleistung der Einhaltung des Spannungsbandes überflüssig. Der Wechselrichter wird an der Photovoltaik-Anlage installiert und kann dezentral durch Blindleistungsbereitstellung oder -entnahme auf das Spannungsband einwirken. Prof. Dr.-Ing Martin Braun vom Fraunhofer IWES in Kassel erläutert: "Unsere Netzberechnungen zeigen, dass die Photovoltaik-Aufnahmefähigkeit der Niederspannungsnetze durch die Bereitstellung von Blindleistung deutlich erhöht und in einigen Fällen auch mehr als verdoppelt werden kann". Die neue Wechselrichter-Generation wird 2011 zur Verfügung stehen.

Hintergrundinformation: Für eine durch den BSW-Solar beauftragte Umfrage wurden in Deutschland "PV-Ballungszentren" identifiziert. PV-Ballungszentren sind Groß-, Mittel- und Kleinstädte im Süden, der Mitte und im Norden von Deutschland, die im Vergleich die höchste installierte Leistung Photovoltaik (in Wp pro Einwohner) haben. Bei Kleinstädten in Bayern beginnt diese Grenze beispielsweise bei über 1.500 Wp pro Einwohner installierter Photovoltaik-Leistung (Bundesdurchschnitt sind ca. 120 Wp pro Einwohner). Die Verteilnetzbetreiber dieser Netzgebiete wurden identifiziert. Mit den Netzexperten von 22 Verteilnetzbetreibern der PV-Ballungszentren wurden Interviews geführt, in denen sowohl die Auswirkungen des aktuellen Ausbauzustands der Photovoltaik auf die Verteilnetze, als auch ein zukünftiges Ausbauszenario und mögliche Auswirkungen auf die Netze, thematisiert wurden. Hierfür wurde jedem Verteilnetzbetreiber ein potenzielles Ausbauszenario bis 2020 für das Verteilnetz seines PV-Ballungszentrums gezeigt. Dabei wurde der Nationale Aktionsplan für Erneuerbare Energien der Bundesregierung, der einen Ausbau der Photovoltaik auf fast 52 GW im Jahr 2020 vorsieht, auf das jeweilige Netzgebiet angewandt, was einer jeweiligen Verfünffachung der installierten Leistung entspricht.

Quelle: Deutscher Bundesverband Solarwirtschaft (mit Download der Studie)

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