Donnerstag, 25. Oktober 2012

Strombarone machen mobil

Bereits zum wiederholten Male hat diese Woche die NZZ zum Cleantechday geladen, zweifellos eine Referenz an die Entwicklungen in der Energiebranche der letzten Jahre. Natürlich ging es um Finanzen und die Finanzierbarkeit – aber auch um die Offenbarung, wie die CH-Strombranche denn heute so tickt. 

Dass die Energiewende finanzierbar ist, zeigten zwei Vertreter des Private-Equity-Finanzsektors auf. Thomas Kubr, Vertreter der Private Equity Firma Capital Dynamics, wies zuerst auf die Unverkäuflichkeit von Atomprojekten hin – mit der eingängigen Formel «Atom ist draussen». Drinnen hingegen sind Grossprojekte der Erneuerbaren Energien, wie sie Capital Dynamics bereits in grösserer Zahl finanziert hat – allerdings nicht in der Schweiz, sondern in erster Linie in den USA und in Grossbritannien. Weltweit bracht es nach Kubr in den nächsten 20 Jahren in der Energiebranche Investitionen von rund 7000 Milliarden US-$ - genug Geschäftsmöglichkeiten also für anlagehungriges Privatkapital. Interessant auch die Angaben zur Solarbranche: Hier wurde von Capital Dynamics in New Jersey (USA) ein 8-Megawatt-Photovoltaik-Projekt realisiert, für das Kubr eine Rendite von rund 14 Prozent erwartet.

Ein weiterer Financier zeigte sich von der dynamischen Seite – Dominique Candrian von EIC Partners, relativierte die Kostenschätzungen für die Schweizer Energiewende aus Wirtschaftskreisen (Urs Näf von Economiesuisse hatte sie an der Tagung auf weit über 100 Milliarden Franken veranschlagt). Ausführliche Abklärungen liessen diese Kosten eher auf nur rund 50 Milliarden schrumpfen – eine Grössenordnung, die im Bereich der bundesrätlichen Veranschlagung liegt. Selbst Candrian rechnet aber bei der Solarenergie mit Anlagekosten (3750 Franken pro installiertes Kilowatt), die schon bald wieder überholt sein dürften.  

Wehrten sich am NZZ-Cleantechday nicht explizit dagegen, als Strombarone bezeichnet zu werden - von links: Kurt Rohrbach (BKW), David Thiel (IWB), Kurt Bopst (Repower).





Dass die Energiewende noch nicht so ganz in der Strombranche angekommen ist, verdeutlichten drei Vertreter unterschiedlich grosser Stromunternehmen. Zu den ganz grossen gehört der (Noch-) CEO der Berner BKW, Kurt Rohrbach. Er machte sich am Cleantechday dafür stark, nicht einseitig auf eine bestimmte Entwicklung in der Energiebranche zu setzen, also weiterhin auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass diese auch die nächsten Jahrzehnte von den fossilen Energien dominiert werde. Entsprechend müsse die BKW sich im Alltagsgeschäft positionieren.

Was auch für die Bündner Repower gilt, deren Chef Kurt Bopst etwa ein Festhalten an einem umstrittenen Kohlekraftwerk in Süditalien zu einem Überlebensfaktor für das Unternehmen machte. Wiewohl er sowieso die Entfaltungsmöglichkeiten auf dem europäischen Energiemarkt befreiend empfinde gegenüber den drohenden Einschränkungen in der Schweiz, die sich angesichts der neuen Energiepolitik abzeichneten. Das hohe Lied des freien Marktes sang auch der Basler IWB-Vertreter David Thiel. Man solle doch bitte endlich vermehrt die freien Kräfte des Marktes spielen lassen und nicht ständig neue Subventionsmechanismen kreieren – dass gerade die Energiewirtschaft nie frei von solchen war, wollten alle drei Energieunternehmer nicht zugestehen.

In deren Sicht kommt auch die Solarenergie kaum als Geschäftsfeld in Frage. Da könnten sich ja die Privaten entfalten, aber natürlich bitteschön ohne staatliche Unterstützung. Dass letztere die Voraussetzung bildet, um einen Solarmarkt zu etablieren – und dass dieser weltweit in rund 60 Staaten funktioniert – interessierte Rohrbach, Bopst und Thiel ebenso wenig. Womit sie interessanterweise in direkten Widerspruch standen zu jenen Kreisen der Finanzwirtschaft (siehe oben), die sehr wohl Geschäfts- und Gewinnmöglichkeiten für Private orten, wenn der Staat regulierend in den Markt eingreift.

Weitere Informationen zum Cleantechday mit Präsentationen >>> hier

© Solarmedia Text und Bild

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