Samstag, 26. Oktober 2013

Atomindustrie spielt verrückt

Unverbesserliche BefürworterInnen (ja auch Frauen gibt es darunter) mögen ob der Meldung von anfangs Woche frohlockt haben. Während es seit Fukushima praktisch nirgends mehr so richtig voran geht mit dem Bau neuer oder bereits begonnener Atombauten (sogar China legte einen unterdessen aufgehobenen Sicherheitsstopp ein), hat die britische Regierung unter dem konservativen Premier Cameron den Neubau zweier Meiler beschlossen. 

Und schon macht wieder die Mär von der Rennaissance der Atomkraft die Runde. Aber – es ist weniger als ein Tropfen auf einen heissen Stein, der selber am Verglühen ist. Denn die Bedingungen, zu denen das neue Atomkraftwerk erstellt werden soll, sind haarsträubend – und auch ein Schlag ins Gesicht logisch denkender EnergiepolitikerInnen (auch die gibt es). Der französische Energiekonzern EDF und die britische Regierung haben sich gemäss der Zeitschrift Photon auf einen »Basispreis« für den im geplanten Atomkraftwerk Hinkley Point C erzeugten Strom geeinigt. Nach Angaben der Regierung wurden hierfür 9,25 Pence (10,93 Cent) je Kilowattstunde über einen Zeitraum von 35 Jahren vereinbart. Für den Fall, dass EDF auch das zweite geplante Atomkraftwerk Sizewell C bauen wird, reduziert sich der Basispreis auf 8,95 Pence (10,58 Cent) je Kilowattstunde. Zudem ist eine Anpassung des Preises an den Lebenshaltungskostenindex – also ein Inflationsausgleich – vorgesehen. Die Vereinbarung ist rechtlich nicht bindend, soll aber Grundlage einer vertraglichen Abmachung werden. 

Und noch eine Absurdität: Zumindest plant der EU-Wettbewerbskommissar wohl in Kürze das Beihilfeverfahren gegen das EEG (Einspeisegesetz in Deutschland) und damit Einspeisevergütungen zu verbieten. Daran anschließend will er voraussichtlich durchsetzten, dass die Erneuerbaren nur noch direkt vermarktet werden dürfen. Derweil bewilligen die Briten einen festgeschriebenen Vergütungssatz von 10,4 Cent je Kilowattstunde für Strom aus dem Atomkraftwerk in Somerset. Verkehrte Welt! 

„Großbritannien setzt mit dem Bau der neuen Atommeiler nicht nur auf eine veraltete, sondern zudem auf eine unglaublich teure Technologie“, unterstreicht Karl-Heinz Remmers, Vorstand der Solarpraxis AG, im Hinblick auf eine Solarspeicherkonferenz in Berlin Ende November. Die britische Regierung hat sich zu einem garantierten Abnahmepreis von 10,6 Cent pro Kilowattstunde Atomstrom aus den neuen Meilern über 35 Jahre verpflichtet. Nach aktuellen Berechnungen entspricht dies, inflationsbereinigt und angepasst auf eine Laufzeit von 20 Jahren gemäß Erneuerbarem-Energien-Gesetz, einem EEG-Vergütungssatz von 34,5 Cent. „Das ist mehr als das 3,5-fache der aktuellen Vergütung für solare Freiflächenanlagen. Es zeigt, dass eine Energiewende hin zu 100 % Erneuerbaren nicht nur der wesentlich umweltfreundlichere, sondern auch der kosteneffizientere Weg in die Zukunft ist“, so Remmers. Dem gibt es nichts mehr beizufügen. 
 
©  Solarmedia

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