Donnerstag, 12. Februar 2015

Energiewende - jetzt erst recht

Economiesuisse schadet dem Wirtschaftsstandort Schweiz, wenn der Verband die Freigabe des Frankenkurses gegen die Energiewende instrumentalisiert. Denn die Energiestrategie ist ein Wirtschaftsprogramm zur richtigen Zeit, weil es den Binnenmarkt stimuliert und der Schweiz längerfristig eine hochmoderne und effiziente Energieversorgung garantiert. AEE SUISSE, die Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, stellt sich gegen die Polemik von economiesuisse und ruft den Verband auf, sich für eine echte Stärkung der Schweiz einzusetzen und die neue Energiepolitik endlich konstruktiv zu unterstützen.

Es scheint so, als hätten die Gegner der Energiewende, allen voran economiesuisse, SVP und Teile der FDP nur darauf gewartet: Die Freigabe des Frankenkurses gegenüber dem Euro liefert den Widersachern der Energiestrategie 2050 den Vorwand, eine radikale Abkehr von der Energiewende zu fordern. Mit der Ablehnung der Energiewende als unnötige Zusatzbelastung für die Wirtschaft argumentieren sie kurzsichtig und verkennen die Tatsache, dass das Energiesystem in weiten Teilen Europas grundlegend umgebaut wird und die Schweiz mit ihrer Energiewende «Made in Switzerland» die passende Antwort darauf formuliert hat. Die Frankenstärke ist kein Grund, die Energiestrategie 2050 zu stoppen, sondern sie liefert eine (kosten)günstige Ausgangslage für ein verstärktes Vorwärtstreiben, weil

 

  • der grösste Teil der KMU in der Schweiz mit einem Jahresverbrauch von 100'000 kWh die eigene Strombeschaffung auf dem freien Markt realisieren kann. Aktuell notieren die europäischen Börsenpreise für Strom bei weniger als 4 Eurocents/kWh.
  • im Rahmen der Energiestrategie der besonders energieabhängigen Industrie der KEV-Zuschlag weitestgehend erlassen wird. Dies gilt für Produzenten, die eine Stromintensität von mindestens fünf Prozent, gemessen als Kostenanteil an der gesamten Wertschöpfung, aufweisen.
  • die Kosten des Umstiegs auf erneuerbare Energien in erster Linie verursachergerecht von den Energiekonsumenten getragen werden. Das gilt beim Strom dank der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) und das gilt ebenso beim Heizöl aufgrund des CO2-Zuschlags.
  • aufs Ganze gesehen die Energiestrategie 2050 einem grossen Infrastrukturprojekt gleich kommt, das nicht nur den Binnenmarkt stimuliert und tausende von Arbeitsplätzen schafft, sondern das sich angesichts der derzeit tiefen Kapitalkosten sehr günstig finanzieren lässt. Eine zukunftsorientierte Infrastruktur kommt nicht zuletzt wiederum auch der Exportindustrie zugute. Die Kosten des Umbaus der Energieversorgung betragen einen Bruchteil des möglichen wirtschaftlichen Nutzens und Wachstums.
  • sich mittel- und langfristig der Umstieg auf die erneuerbaren Energien lohnen wird. Im Zeitrahmen, in dem die Energiestrategie verwirklicht wird, wird sich die Preisentwicklung für Energie stabilisieren – und wie von der Wirtschaft wiederholt gefordert berechenbar werden. Dazu kommt, dass die erneuerbaren Energien absehbar sogar billiger werden als konventionelle Energie. Bleibt die Wirtschaft, wie von economiesuisse gefordert, aber weiterhin abhängig von importierten fossilen und nuklearen Energieträgern, setzt sie sich unkontrollierbaren Preisschwankungen aus.
  • die aktuelle Verbilligung des Ölpreises einen Spielraum geschaffen hat, eine gewisse Erhöhung der Energie-Produktionskosten zu tragen. Gesamtwirtschaftlich dürften mehrere Milliarden Franken dank des gesunkenen Ölpreises eingespart werden – da fällt die rund eine Milliarde Zusatzkosten durch die erhöhte KEV und den erweiterten CO2-Zuschlag weitaus weniger ins Gewicht. Letztere werden auch nur begrenzt durch die Wirtschaft getragen, sondern in erster Linie im Sinne des erwähnten Verursacherprinzips durch die Haushalte. Und sie werden erst mittelfristig als Zusatzbelastung spürbar – und wer weiss, wo dann der Frankenkurs stehen wird.
  • die Schweiz sich längerfristig aus der fossilen Abhängigkeit befreien muss. 40% des Schweizer Energieverbrauchs wird heute für Heizung und Warmwasser benötigt. Der grösste Teil davon wird mit fossiler Energie bereitgestellt. Die geplanten Investitionen in die Gebäude-Energieeffizienz werden diese Abhängigkeit kappen und gleichzeitig tausende Schweizer Arbeitsplätze schaffen.
  • schliesslich die Strompreise in Europa in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter sinken werden – teure Erzeugungsarten also zunehmend ins Hintertreffen geraten. Umgekehrt erweisen sich die erneuerbaren Energien, insbesondere photovoltaisch erzeugter Strom, je länger je mehr als Konkurrenzvorteil. Denn dessen Kosten haben sich allein in den letzten fünf Jahren um zwei Drittel reduziert – mit weiterem Kostensenkungspotenzial.
Fazit: Die Energiestrategie 2050 hat nur geringe Auswirkungen auf die Exportindustrie. Im Gegenzug trägt die Energiestrategie langfristig zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei, welche die negativen Folgen eines starken Frankens sogar abfedern wird und die sich jetzt so kostengünstig wie noch nie realisieren lässt.

Quelle: AEE Dachorganisation der Wirtschaft für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz

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